Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege

Oberösterreich

Caspar Zeitlinger – Industriepionier und erster Bürgermeister Micheldorfs

Zum 150. Todestag

Martin Osen1 Caspar Zeitlinger Portrait Autogramm

Caspar Zeitlinger (4. Jänner 1798–22. Februar 1866) war ein bedeutender österreichischer Industrieller des Vormärz. Um 1845 beschäftigte er in seinen Sensenwerken über 450 Mitarbeiter und erzeugte jährlich 200.000 Sensen, die als wichtigster Exportartikel Österreichs weltweit exportiert wurden. Er war einer der größten Privatunternehmer der Monarchie und erster Bürgermeister seiner Heimatgemeinde.

Als Caspar Zeitlinger 1798 geboren wurde, war Micheldorf bereits seit Jahrhunderten Zentrum der europäischen Sensenproduktion. Sensen waren als absolute High-Tech-Produkte ihrer Zeit wichtigster Exportartikel der Monarchie. Alle Vorfahren Caspar Zeitlingers hatten seit Generationen Sensenwerke betrieben, der berufliche Weg war also vorgezeichnet. Er verstand es allerdings, diese besondere Ausgangslage zu nutzen.

Das vom Schwiegervater übernommene „Gradnwerk“ erfuhr unter seiner Leitung einen enormen Aufschwung. Der junge Meister erwies sich schon bald als Prototyp eines Unternehmers. Um Produktionsausfälle zu vermeiden, plante er selbst ein System zur sicheren Wasserversorgung seiner Werke – der Gradnteich als Teil davon wurde gleich zur „Schwimmschule“ ausgebaut. Zur Verpflegung seiner immer zahlreicheren Mitarbeiter ließ er eine der ersten mechanischen Dreschmaschinen errichten. Die für Micheldorf beispiellose Bautätigkeit erforderte ein eigenes Ziegelwerk. Bald betrieb er vier Sensenwerke und eine Hackensch4 Gradnwerk 1832 Ausschnittmiede und war als erster Sensenschmied vom Meister zum „k. k. Fabrikanten“ aufgestiegen. Einen Adelstitel hatte er Gerüchten zufolge dankend abgelehnt – für die Micheldorfer war er sowieso seit jeher der „Grad“. Um 1845 produzierten seine 450 Mitarbeiter jährlich um die 200.000 Sensen, die wegen ihrer hervorragenden Qualität weltweit gefragt waren. 

Caspar Zeitlinger wurde zum größten Sensenfabrikanten und einem der größten Privatunternehmer der Monarchie. So verwundert es nicht, dass er 1850 zum ersten Bürgermeister von Micheldorf gewählt wurde. Die erste Gemeindestube richtete er im Weinmeisterhaus (Hauptstraße 30) ein. Bei seiner Amtsübergabe 1861 wiesen die Gemeindefinanzen einen Überschuss aus – ein weiterer Beleg für sein wirtschaftliches Geschick. Über seinen angeblich sagenhaften Reichtum kursieren viele Geschichten. Letztlich konnte das jedoch nichts daran ändern, dass sieben seiner 13 Kinder schon im zartesten Alter starben – für heutige Verhältnisse schwer vorstellbar.
Als der „Grad“ am 22. Februar 1866 starb, ging wohl für viele Micheldorfer eine Epoche zu Ende. Seine Töchter Josepha und Juliane hatten die Sensengewerken und späteren Bürgermeister Michael Weinmeister und Franz Zeitlinger geheiratet. Letzterem gelang es, trotz widrigster Umstände das Sensenwerk erfolgreich weiterzuführen. Genau 100 Jahre später endete dann eine weitere Epoche für Micheldorf: 1966, vor 50 Jahren, verstummten auch im „Gradnwerk“ die letzten Sensenhämmer.

Aus Anlass des 150. Todestages Caspar Zeitlingers wurde von Martin Osen eine Sonderbriefmarke aufgelegt, Details dazu sowie eine Bestellmöglichkeit finden Sie hier.

 

Abbildungen:

1 – Caspar Zeitlinger Portrait, Fotografie und Autogramm um 1860

2 – Ansicht des Gradnwerks (Ausschnitt), Josef Löw 1832 (Sensenschmiedemuseum Micheldorf)

Martin Osen sei für die Zurverfügungstellung der Bilder herzlich gedankt.

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